FAQs zum Gesetzentwurf für an Kinder gerichtete Lebensmittelwerbung

Warum ist es notwendig, Kinder vor Werbung für Lebensmittel mit viel Zucker, Fett oder Salz zu schützen?

An Kinder gerichtete Lebensmittelwerbung preist häufig hochverarbeitete Produkte an, die viel Zucker, Fett oder Salz enthalten. Der übermäßige Verzehr solcher Lebensmittel trägt zu ernährungsmitbedingten Erkrankungen bei (z. B. Adipositas, Diabetes). Neben den Beeinträchtigungen für die Kinder selbst, verursachen ernährungsmitbedingte Erkrankungen hohe gesellschaftliche Kosten. Laut dem Ernährungs- und Landwirtschaftsreport (2023) der UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) belaufen sich die sogenannten versteckten Kosten durch unausgewogene Ernährung und umweltschädliche Landwirtschaft weltweit auf rund zehn Billionen US-Dollar pro Jahr - rund zehn Prozent des globalen Bruttoinlandsproduktes. Für Deutschland sind es rund 300 Milliarden US-Dollar pro Jahr, was sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts entspricht. Etwa 90 Prozent davon werden laut Bericht in Deutschland durch unausgewogene Ernährung verursacht.

Gerade im Kindesalter wird Ernährungsverhalten entscheidend für das weitere Leben geprägt. Lebensmittelwerbung hat einen nachhaltigen Einfluss auf das Ernährungsverhalten bei Kindern unter 14 Jahren. Kinder erkennen Werbung häufig nicht als solche und können die gesundheitlichen Folgen unausgewogener Ernährung nicht abschätzen. Eltern haben kaum die Möglichkeit, ihre Kinder erzieherisch vor Werbung zu schützen. Bisherige freiwillige Selbstverpflichtungen konnten Kinder nicht effektiv schützen.

Rund 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland sind übergewichtig, darunter knapp sechs Prozent adipös. Das sind rund 1,8 Millionen Kinder und Jugendliche, was ungefähr der Einwohnerzahl Hamburgs entspricht. Studien deuten darauf hin, dass sich die Situation im Rahmen der Corona-Pandemie verschlechtert hat. Laut einer Forsa-Umfrage des Else Kröner-Fresenius-Zentrums (EKFZ) für Ernährungsmedizin sind besonders Kinder und Jugendliche aus einkommensschwachen Familien von einer ungesunden Gewichtszunahme betroffen. Starkes Übergewicht ist ein Risikofaktor für viele chronische Krankheiten wie z. B. Diabetes mellitus Typ 2 oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Die gesamtgesellschaftlichen (direkten und indirekten) Kosten von Adipositas werden in Deutschland auf etwa 63 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt (direkte Kosten: ca. 29 Milliarden Euro, indirekte Kosten: ca. 34 Milliarden Euro). Laut Wissenschaftlerinnen der Charité bleiben bis zu 80 Prozent der übergewichtigen Kinder auch im Erwachsenenalter übergewichtig. Denn im Laufe der Kindheit festigen sich Ernährungsgewohnheiten, währenddessen wird die Grundlage für die spätere Gesundheit gelegt. Daher ist diese Lebensphase der entscheidende Ansatzpunkt für nachhaltig wirkende Maßnahmen zur Prävention von Übergewicht und Adipositas.

Laut dem Ernährungs- und Landwirtschaftsreport (2023) der UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) belaufen sich die sogenannten versteckten Kosten durch ungesunde Ernährung und umweltschädliche Landwirtschaft weltweit auf rund zehn Billionen US-Dollar pro Jahr - rund zehn Prozent des globalen Bruttoinlandsproduktes. Für Deutschland sind es rund 300 Milliarden US-Dollar pro Jahr, was sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts entspricht. Etwa 90 Prozent davon werden laut Bericht in Deutschland durch ungesunde Ernährung verursacht.

Welchen Einflüssen sind mediennutzende Kinder und Jugendliche in Deutschland ausgesetzt?

Mediennutzende Kinder sehen im Schnitt täglich 15 Werbespots und -einblendungen im TV und Internet für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt. Durchschnittlich 92 Prozent der Lebensmittelwerbung, die Kinder in Internet und TV wahrnehmen, ist für Produkte wie Fast Food, Snacks oder Süßigkeiten. Der Lebensmitteleinzelhandel und die Süßwarenbranche gehören zu den werbestärksten Branchen der Wirtschaft. 2021 wurde in Deutschland über eine Milliarde Euro für Süßwarenwerbung ausgegeben.

Daten der AGF-Videoforschung zeigen über viele Jahre hinweg, dass Kinder hauptsächlich unter der Woche abends sowie am Wochenende fernsehen. Ihr Fernsehkonsum ist am Wochenende höher als unter der Woche. Zudem ist unter den bei Kindern unter 14 Jahren beliebtesten Sendungen jede dritte kein klassisches Kinderformat, sondern beispielsweise Unterhaltungsshows oder Fußballspiele. Insbesondere bei Jugendlichen beliebte Influencer werben häufig für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt, bei fast einem Viertel der von Influencern beworbenen Produkte handelte es sich einer Studie der Medizinischen Universität Wien zufolge um Schokolade und zuckerhaltige Süßwaren.

Für wen sind die neuen Regeln gut? Was haben Kinder davon? Was haben Eltern davon?

Wir wollen Kinder schützen und Eltern stärken. Lebensmittelwerbung hat einen maßgeblichen und vor allem dauerhaften Einfluss auf das Ernährungsverhalten gerade von Kindern. An Kinder gerichtete Lebensmittelwerbung dringt in die Themen-, Wunsch- und Spielwelt der Kinder ein, ohne dass sie diese richtig einordnen können. Eltern können Kinder erzieherisch davor kaum schützen. Mediennutzende Kinder sehen im Schnitt 15 Werbespots und -einblendungen im TV und Internet täglich für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt. Durchschnittlich 92 Prozent der Lebensmittelwerbung, die Kinder in Internet und TV wahrnehmen, ist für Produkte wie Fast Food, Snacks oder Süßigkeiten. Der Gesetzentwurf unterstützt Eltern in ihrem Wunsch, die Ernährungsumgebung für ihre Kinder und Familie so zu gestalten, dass ihre Kinder gesund aufwachsen können. Eine deutliche Mehrheit unterstützt einer repräsentativen Umfrage zufolge unseren Ansatz. 66 Prozent halten es demnach für richtig, Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt rund um Schulen und Kindergärten sowie im Fernsehen und Internet zu Zeiten, an denen Kinder üblicherweise diese Medien nutzen, weitgehend einzuschränken.

Worin besteht die Regulierung grundsätzlich?

Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir an Kinder gerichtete Werbung für Lebensmittel regulieren. Damit setzen wir den Auftrag aus dem Koalitionsvertrag um. Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt darf dann nicht mehr an Kinder gerichtet werden. Damit schützen wir Kinder besser und entlasten Eltern im Alltag. Werbung ist an Kinder gerichtet, wenn sie nach Art, Inhalt oder Gestaltung oder aufgrund des zeitlichen, inhaltlichen oder räumlichen Kontextes an Kinder adressiert ist. Als Kinder werden alle unter 14-Jährigen definiert.

Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt bleibt möglich, sofern sich diese nicht an Kinder richtet. Werbetreibende können weiterhin auch gegenüber Kindern für Lebensmittel werben, die keinen zu hohen Gehalt an Zucker, Fett oder Salz haben. Wir setzen dazu auf die Bereitschaft der Lebensmittelwirtschaft, Rezepturen zu verbessern. Es werden keine Lebensmittel verboten.

Für welche Medien gilt das?

Wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass ein breiter Ansatz notwendig ist. Erfasst werden sollen Hörfunk, Presse oder andere gedruckte Veröffentlichungen, Dienste der Informationsgesellschaft (insb. Internetseiten), audiovisuelle Mediendienste (TV und Dienste auf Abruf/On-Demand-Angebote) und Video-Sharing-Plattform-Dienste (soziale Netzwerke wie Instagram, TikTok, YouTube usw.). Auch Influencermarketing und Außenwerbung werden berücksichtigt. Zudem soll an Kinder gerichtetes Sponsoring für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt künftig nicht mehr zulässig sein. Für die Regulierung von Sponsoring soll eine zweijährige Übergangsfrist gelten. Die Bewerbung von Unternehmen und Marken bleibt möglich. Zum Beispiel kann auf Trikots für eine Fußballmannschaft oder auf der Bande weiterhin der Schriftzug einer Marke oder eines Unternehmens wie z. B. einer Bäckerei stehen.

Woran bemisst sich, ob ein Lebensmittel "viel" Zucker, Fett oder Salz enthält?

Hier orientiert sich der Gesetzentwurf an den Anforderungen des Nährwertprofil-Modells der Weltgesundheitsorganisation WHO. Das WHO-Nährwertprofil-Modell wurde explizit für die Regulierung der Lebensmittelwerbung gegenüber Kindern geschaffen. Es teilt Lebensmittel in verschiedene Kategorien ein. Für die meisten Kategorien sind Höchstwerte für den Gehalt an Gesamtfett, gesättigten Fettsäuren, Gesamtzucker, zugesetztem Zucker, Süßungsmitteln, Natrium und/oder Energie pro 100 g Lebensmittel vorgesehen. An die Einhaltung dieser Höchstwerte können Werberegulierungsmaßnahmen geknüpft werden. Für einige Lebensmittel, wie Gemüse und Obst, sind keine Höchstwerte vorgesehen, sodass sie auch gegenüber Kindern frei beworben werden können. Das Modell der WHO ist europäisch eingeführt, berücksichtigt wissenschaftliche Erkenntnisse und trägt dem Gedanken Rechnung, dass Aspekte des Gesundheits-, Kinder- und Verbraucherschutzes Vorrang haben sollen vor wirtschaftlichen Interessen. Es ist praxiserprobt und wurde auf Grundlage von praktischen Erfahrungen, aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und Ernährungsempfehlungen 2023 überarbeitet. Im Gesetzentwurf sind Abweichungen vom WHO-Nährwertprofil vorgesehen, so etwa für Milch, Joghurt und Säfte.

Gibt es Abweichungen vom WHO-Nährwertprofil bei der Bewerbung für bestimmte Lebensmittel?

Wir orientieren uns bei unserem Vorhaben an dem aktuellen Nährwertprofil der WHO. Jedoch sind Abweichungen vom WHO-Nährwertprofil vorgesehen: Milch, Milchgetränke und Getränke aus Soja, Nüssen oder Saaten dürfen unabhängig von ihrem Fettgehalt beworben werden, wenn weder zugesetzter Zucker noch Süßungsmittel enthalten sind. Bei Joghurt und ähnlichen Produkten wurden die Höchstwerte für Fett (Gesamtfett und gesättigte Fettsäuren) ebenfalls gestrichen. Auch für Saft (ohne zugesetzten Zucker oder Süßungsmittel) ist eine Bewerbung auch gegenüber Kindern erlaubt.

Milch ist ein Lebensmittel, das Nährstoffe wie z. B. Calcium und Jod beinhaltet, die für Kinder in der Wachstumsphase besonders wichtig sind. Obst- und Gemüsesäfte können viele wichtige Vitamine liefern und daher einen Beitrag zu einer gesunden Ernährung leisten. Sie enthalten bereits von Natur aus Zucker. Wichtig ist deswegen, dass nicht noch zusätzlich Zucker oder Süßungsmittel hinzugefügt werden, denn dann wäre eine Bewerbung gegenüber Kindern nicht möglich.

Für frisches Fleisch, Fisch und Eier darf ohne Einschränkungen geworben werden.

Welche Präzisierungen hat das BMEL vorgenommen?

Dem BMEL liegt viel daran, dieses Vorhaben zum Schutz der Gesundheit von Kindern so praktikabel wie möglich zu gestalten – im Austausch mit allen relevanten Akteuren. Darauf aufbauend wurden vor allem folgende Punkte präzisiert:

Konkretisierung der Sendezeiten, in denen Kinder vor Werbung für Lebensmittel mit viel Zucker, Fett oder Salz geschützt werden sollen: Die Sendezeitenregelung wird auf Zeiten fokussiert, zu denen Kinder nachweislich besonders häufig fernsehen. Dies sind Montag bis Freitag 17 bis 22 Uhr; Samstag 8 bis 11 Uhr und 17 bis 22 Uhr; Sonntag 8 bis 22 Uhr. Im Hörfunk wird es keine Sendezeitenregelung geben.

Konkretisierung des räumlichen Umfeldes, in dem Kinder vor Werbung für Lebensmittel mit viel Zucker, Fett oder Salz geschützt werden sollen: Im räumlichen Kontext wurde die Werberegulierung auf im Umkreis von Schulen und Kitas platzierte Plakate, präzisiert.

 Anpassungen für Milchprodukte wie Joghurt: Abweichend vom WHO-Nährwertprofil wurden die Höchstwerte für Fett (Gesamtfett und gesättigte Fettsäuren) in Kategorie 7 (Joghurt u. a.) gestrichen. Das lässt Werbung für ein größeres Spektrum an Milchprodukten zu, die aus ernährungswissenschaftlicher Sicht u.a. zur Versorgung mit Calcium und Jod beitragen

Welche besonderen Regelungen gibt es für die Außenwerbung im direkten Umfeld von Schulen- und Kindertageseinrichtungen?

Im Umkreis von Schulen und Kindertageseinrichtungen sollen Kinder besonders geschützt werden, aus diesem Grund ist im Umfeld dieser Bildungs- und Betreuungseinrichtungen für Kinder grundsätzlich keine Außenwerbung, für Lebensmittel mit viel Zucker, Fett oder Salz möglich. Für das Umfeld von Freizeiteinrichtungen und Spielplätzen sowie für die Werbung in Schaufenstern und mittels aufgestellter Werbeträger gelten keine Einschränkungen, sofern sich die Werbung nicht nach Art, Inhalt oder Gestaltung gezielt an Kinder richtet.

Inwiefern sind Verkaufsstellen und kleinere Handwerksbetriebe wie z.B. Bäckereien und Metzgereien von den Regelungen zur Außenwerbung und des Sponsorings betroffen?

Für Verkaufsstellen, wie z.B. Bäckereien und Metzgereien, ist die Werbung sowohl im Schaufenster als auch mittels Aufsteller weiterhin problemlos möglich, sofern sie sich nicht nach Art, Inhalt oder Gestaltung gezielt an Kinder richtet. Dies gilt auch im Umkreis von Schulen und Kindertageseinrichtungen.

Ebenfalls weiterhin möglich ist die Auslage aller Lebensmittel im Schaufenster.

Für das Sponsoring gilt, dass die Bewerbung von Unternehmen, und die Bewerbung von Marken möglich bleibt. D. h. zum Beispiel auf Trikots für die Fußball-Jugendmannschaft oder auf der Bande darf weiterhin der Schriftzug einer Getränkemarke oder z.B. des lokalen Bäckerei-Unternehmens stehen.

Wie ist der weitere Prozess?

Das BMEL hat einen Gesetzentwurf erarbeitet, der aktuell mit den anderen Ressorts der Bundesregierung abgestimmt wird. Danach werden die Länder und Verbände konsultiert und ihre Stellungnahmen ausgewertet. Der überarbeitete Entwurf wird der EU-Kommission zur Notifizierung vorgelegt werden. Zudem muss der Entwurf das Bundeskabinett, den Deutschen Bundestag und den Bundesrat passieren.

Warum braucht es eine gesetzliche Regelung?

Bisherige freiwillige Selbstverpflichtungen der Branchen haben nicht dazu geführt, dass Kinder effektiv vor Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt geschützt werden. Wenn es um den Schutz der Gesundheit von Kindern geht, erwartet die Bevölkerung zurecht, dass der Staat seiner besonderen Verantwortung gerecht wird.

An Kinder gerichtete Werbung braucht endlich klare Regeln, die die Gesundheit von Kinder schützen. Deswegen wollen wir an Kinder gerichtete Werbung für Lebensmittel mit zu viel Zucker, Fett oder Salz gesetzlich einschränken

Mit einem Gesetz schaffen wir eine bundeseinheitliche Lösung und bessere Regeln für mehr Kinderschutz. Damit unterstützen wir Eltern in ihrem Wunsch, die Ernährungsumgebung für ihre Kinder so zu gestalten, dass sie gesund aufwachsen können. Eltern haben kaum die Möglichkeit, ihre Kinder vor Werbung für Lebensmittel, die viel Zucker, Fett oder Salz enthalten, zu schützen. Die Menschen in unserem Land entscheiden selbst, was sie essen und trinken. Jede und jeder kann selbst entscheiden, was sie/er isst, aber nicht jede und jeder, die/der sich ungesund ernährt, tut das bewusst. Dies gilt insbesondere für Kinder, die negativen Werbeeinflüssen ausgesetzt sind. Kinder verdienen unseren besonderen Schutz. Sie sollen gesund aufwachsen können. Dieser Verantwortung muss auch der Staat gerecht werden.

Was bedeutet die Regelung für die Wirtschaft?

Die Herstellung und der Verkauf von Lebensmitteln mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt bleiben möglich. Auch die Werbung bleibt zulässig, sofern sich diese nicht an Kinder richtet. Werbetreibende können weiterhin auch gegenüber Kindern für Lebensmittel werben, die keinen zu hohen Gehalt an Zucker, Fett oder Salz haben. Wir setzen auf die Bereitschaft der Lebensmittelwirtschaft, Rezepturen zu verbessern. Ein Praxistest des aktuellen Gesetzentwurfs neuen WHO hat im Rahmen einer Studie hat für den deutschen Markt exemplarisch gezeigt, dass rund 20 Prozent der 660 untersuchten Produkte die Vorgaben des WHO-Nährwertprofils erfüllen. Durch die vorgenommenen Anpassungen im Gesetzentwurf wurde dieser Anteil fast verdreifacht, sodass 55 Prozent der getesteten Lebensmittel auch gegenüber Kindern beworben werden können. Die Studie hat auch gezeigt, dass die Hersteller viele weitere Produkte auch weiterhin an Kinder adressiert bewerben könnten. Hierfür müssen lediglich geringe Reduzierungen des Zucker-, Fett- oder Salzgehaltes vorgenommen werden.

Was sagen die Verbrauch- und Gesundheitsschutzressorts der Länder dazu?

Die Ministerinnen, Minister und Senatorinnen der Verbraucherschutzressorts der Länder haben sich in der 18. Verbraucherschutzministerkonferenz für ein umfassendes Verbot für an Kinder gerichtete Werbung für Lebensmittel, die nicht dem WHO-Nährwertprofil-Modell entsprechen, ausgesprochen. Sie halten es für notwendig, dies zügig gesetzlich zu regeln, und haben den Bund gebeten, das im Rahmen seiner Regelungszuständigkeit zu tun. Auch die Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Gesundheit der Länder halten eine weitergehende Regulierung angelehnt an das WHO Nährwertprofil-Modell für erforderlich. Sie begrüßen die entsprechende Initiierung von rechtlichen Maßnahmen durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft für mehr Kinderschutz in der Werbung als einen wichtigen verhältnispräventiven Baustein, um das gesunde Aufwachsen von Kindern zu fördern.

Wie ist die Studienlage bezüglich der Wirksamkeit von Werbeverboten für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt zum Erreichen einer ausgewogenen Ernährung?

Nach Aussage des Max-Rubner-Instituts (MRI) kommen robuste wissenschaftliche Übersichtsarbeiten zu dem Schluss, dass Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt eine unausgewogene Ernährung bei Kindern und Jugendlichen begünstigt. Umgekehrt sei der Nachweis, dass Verbote solcher Werbung zu einem ausgewogeneren Ernährungsverhalten führen, zwar schwierig, da die Ernährung von einer Vielzahl an Faktoren beeinflusst wird. Nichtsdestotrotz konnten wissenschaftliche Studien günstige Effekte von Werbeverboten für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt im Sinne einer ausgewogeneren Ernährung von Kindern und Jugendlichen zeigen. Die wissenschaftliche Literatur bestätige, dass für eine bestmögliche Wirksamkeit entsprechende Werbeverbote Kinder und Jugendliche möglichst umfassend schützen sollten.

Die übrigen relevanten Einflussfaktoren auf das Ernährungsverhalten nehmen wir im Rahmen der Ernährungsstrategie der Bundesregierung in den Blick, in welche sich die Regulierung der an Kinder gerichteten Lebensmittelwerbung als ein wichtiger Baustein einfügt.

 

Was sagt der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages zum Gesetzentwurf?

Die Ausarbeitungen des Wissenschaftlichen Dienstes (WD) stellen im Wesentlichen bereits vorhandene Gutachten zu den Gesetzgebungsvorschlägen des BMEL zusammen. Es handelt sich bei den Ausarbeitungen also nicht um eigenständige Gutachten, sondern lediglich um abwägende Übersichtsarbeiten zum aktuellen Diskussionsstand.

Der WD kommt in seinen Ausarbeitungen zu dem Ergebnis, dass die von BMEL geplante Regulierung geeignet und erforderlich im Sinne des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit sei und sich diesbezüglich innerhalb des Beurteilungs- und Prognosespielraums des Gesetzgebers befinde. Der WD verweist auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), wonach aus Artikel 2 Absatz 2 des Grundgesetzes eine Schutzpflicht des Staates folge, die eine Risikovorsorge gegen Gesundheitsgefährdungen umfasse. Konkrete Vorgaben dazu, wie diese staatliche Schutzpflicht im Einzelnen umzusetzen ist, sind der Verfassung laut BVerfG jedoch nicht zu entnehmen. Dem Gesetzgeber stehe vielmehr bei der Ausgestaltung und Konkretisierung der Schutzpflicht eine weite Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsfreiheit zu.

Zudem sei ein zweifelsfreier empirischer Beleg der Wirksamkeit einer Maßnahme keine zwingende Voraussetzung für gesetzgeberisches Handeln. Gerade der wissenschaftliche Nachweis kausaler Wirkzusammenhänge zwischen einzelnen Faktoren und der menschlichen Gesundheit – wie der Wirkung von Werberegulierungen auf die Übergewichtsentwicklung – gestalte sich grundsätzlich als schwierig. Hintergrund sei, dass die menschliche Gesundheit von vielen verschiedenen Einflussfaktoren abhinge. Dennoch liegen BMEL wissenschaftliche Studien vor, die günstige Effekte von Werbeverboten für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt im Sinne einer ausgewogeneren Ernährung von Kindern und Jugendlichen zeigen.

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