Digitale Pioniere Diese Mittelständler haben die Zukunft im Griff

Mit dem Mixed Reality Viewer des Mittelständlers Brainlab können Ärzte das Innenleben des Patienten in 3D ansehen, um ihre OP zu planen. Quelle: PR/Roman Job

Ein exklusives Ranking listet die digitalen Vorreiter im deutschen Mittelstand auf. Die Technik der Unternehmen vereinfacht Prozesse, optimiert die Produktion – und erweckt mitunter sogar Zwillinge zum Leben.

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Stefan Vilsmeier kann sein Unternehmen in einem Satz erklären: „Wir stellen das Google Maps für den menschlichen Körper bereit“, sagt der Gründer und Chef von Brainlab. Die Soft- und Hardware von Vilsmeiers Firma weist Ärzten während einer Operation den Weg zur richtigen Stelle im Patientenkörper. Sie sehen auf einem Display Organe und Blutgefäße, die zuvor anhand von MRT- und Röntgenbildern des Patienten erstellt worden sind, führen also ihre Operation immer auch am digitalen Zwilling aus.

Mit seiner Technologie gehört Brainlab zu den „Digitalen Pionieren des Mittelstandes“. Das Ranking wurde von der Beratung Munich Strategy erstellt und berücksichtigt Mittelständler mit einem Umsatz zwischen fünf Millionen und einer Milliarde Euro. Zu den Kriterien zählt zum einen die wirtschaftliche Performance: etwa Betriebsgewinn, Umsatz- und Gewinnwachstum im Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2020. „Starke, digitale Unternehmen müssen auch wirtschaftlich erfolgreich sein“, sagt Munich-Strategy-Partnerin Barbara Siegert.

Außerdem überzeugen die Pioniere mit einem digitalen Geschäftsmodell: Unterstützt eine Software digitale Abläufe? Gibt es mobile Apps? Ist die Firma in sozialen Medien präsent? Wurde ein Produkt durch den Einbau intelligenter Sensoren digitalisiert?

An der Spitze des Rankings steht das IT-Unternehmen Contact Software, das etwa Maschinenbauern hilft, Produkte schneller zu entwickeln. Als Beispiel nennt Geschäftsführer Karl Heinz Zachries einen Kunden, der Maschinen für einen Zahnbürstenhersteller entwickelt. Hunderte Borsten müssen zeitgleich im Rohling platziert werden, um Zigtausende Zahnbürsten pro Stunde zu produzieren. Gleichzeitig sollen Sensoren in der Zahnbürstenmaschine frühzeitig Abweichungen in der Produktion erkennen. Die Software von Contact entdeckt, wenn etwa Ersatzteile bestellt werden müssen. Und dass der Maschinenbauer mit der Contact-Software weitere Dienstleistungen anbieten könne, stärke dessen „Kundenbeziehung“, sagt Zachries. Idealerweise könne der Maschinenbauer sogar ein Plattformgeschäft aufbauen – vorbei an Amazon, Microsoft, Siemens und Co., die dieses Geschäft für sich beanspruchen.

Ein Prozent mehr Umsatz

Und noch etwas kann Contact Software mit seinen 450 Mitarbeitern, von denen 320 einen technischen Fokus haben: Fabriken digitalisieren. So sollen Betreiberfirmen alle Maschinen einer Fabrik unterschiedlicher Hersteller monitoren – und den Maschinenpark besser auslasten, mitunter auch mal eine Maschine abstellen können, um Energie zu sparen. Auch Serviceintervalle können optimiert werden. „Eine Tochter von Thyssenkrupp“, erzählt Zachries stolz, „hat mit uns ein Prozent mehr Umsatz generiert, indem die Ausfallzeiten von Maschinen reduziert werden konnten.“ Contact Software setzte 2021 rund 60 Millionen Euro um.



Bernd Eßer produziert ähnliche Erfolgsmeldungen. Aktuell testet der Geschäftsführer des Lebensmittelherstellers Berief Food aus Beckum den digitalen Lieferschein. Statt mit Papier zu hantieren, scannen Lkw-Fahrer die Ladungsinformationen vor der Abfahrt eines Transports per QR-Code. Der Kunde scannt bei Annahme der Ware den Code erneut und bestätigt somit den Wareneingang – schon starten bei Berief Folgeprozesse, die in der automatisierten Rechnungsstellung münden.

Beim Mittelständler selbst wird längst jede Lieferung digital erfasst. So weiß Eßer immer, welche Ware in welchem seiner Endprodukte verarbeitet ist. Sollte es mal ein Problem etwa mit einem Haferdrink geben, kann Eßer heute auf Knopfdruck herausfinden, welche Rohstoffe für die verarbeitete Ware eingesetzt wurden. Früher musste er dafür Aktenordner wälzen.

Dank der Digitalisierung spart Eßer auch Energiekosten. „Nur dank dieser Transparenz kann ich daran arbeiten, nachhaltiger zu werden“, sagt er. Nur dank der Technik habe Berief Food seit 2019 rund 25 Prozent bei Strom und Gas gespart.

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Der Medizintechniker Brainlab (Umsatz 2021: 400 Millionen Euro, 2000 Mitarbeiter weltweit) geht auch neue Wege – und kaufte kürzlich eine Firma für Computerspiele. Ärzte können ihre OPs zunächst durchspielen und etwa virtuell ein Knie operieren. So ließen sich „Abläufe besser planen“, sagt CEO Vilsmeier, und: „Dabei sind auch Fehler erlaubt.“

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