Kraftwerksanlage in einem großen Industriegebiet in flacher Landschaft mit Bäumen zwischen den Anlagen, aufgenommen im Gegenlicht.
"Emissionsfreies" Gaskraftwerk in Texas: Die CCS-Demonstrationsanlage arbeitet seit 2018. (Foto:  NET Power/​Wikimedia Commons)

Zwei neue große CO2-Speicher unter dem Meer sollen Australien dabei helfen, seine Klimaziele zu erfüllen. In der vergangenen Woche hat die australische Regierung die Genehmigungen für die unterirdischen Speicher vor der nordaustralischen Küste vergeben.

Ein Konsortium aus drei Ölkonzernen will CO2, das bei der Erdgasförderung aus dem Ichthys-Gasfeld anfällt, auffangen und zwischen 30 und 75 Meter tief unter dem Meer einlagern. Beteiligt sind Inpex aus Japan, Total aus Frankreich und das australische Unternehmen Woodside. Das LNG-Gigaprojekt Ichthys gilt als eines der größten der Welt, jedes Jahr sollen dort 8,9 Millionen Tonnen Flüssigerdgas produziert werden.

"Der Erwerb dieser Genehmigung bietet eine spannende Gelegenheit, eine groß angelegte CO2-Speicherstätte im Norden Australiens zu erproben, die das Potenzial hat, eines der größten CCS-Projekte der Welt zu werden", freute sich der Geschäftsführer von Inpex Australia, Hitoshi Okawa.

Auch die australische Regierung verspricht sich viel von den CO2-Speichern. Australien will damit seine Netto-Null-Klimaziele erreichen. Gleichzeitig will das Land in der CCS-Technologie führend werden. Das bei der Gasförderung und -produktion freigesetzte CO2 soll aufgefangen und unterirdisch eingelagert werden.

Doch die Technologie steht in der Kritik. Nicht nur Umweltschützer:innen warnen vor möglichen Leckagen. Zudem ist das Abscheiden und Speichern von CO2 selbst ein energieintensiver Prozess.

Eine jetzt erschienene Studie zu CCS-Projekten kann die Kritik nicht aus dem Weg räumen. Die gemeinnützige Denkfabrik Institute for Energy Economics and Financial Analysis (IEEFA) in den USA kommt zum Schluss, dass die Technologie überschätzt wird.

Die Expert:innen haben dafür weltweit 13 verschiedene CCS- und CCUS-Projekte analysiert. Ergebnis: Sieben der untersuchten Projekte erfüllten nicht die Erwartungen, zwei scheiterten und eines wurde aufgegeben. Damit sind mehr als drei Viertel der untersuchten Projekte gescheitert oder hinter den Zielen zurückgeblieben.

"Die CCS-Technologie gibt es seit 50 Jahren, und viele Projekte sind gescheitert und scheitern weiterhin, nur eine Handvoll funktioniert", sagte Studienautor Bruce Robertson.

CCS erscheint vielen Regierungen attraktiv

Die 13 untersuchten CCS-Projekte stehen für etwa 55 Prozent der gesamten weltweit in Betrieb befindlichen Kapazität. Fünf der Projekte entfallen auf die Gasverarbeitung, davon sind noch vier in Betrieb.

Die zwei in Norwegen angesiedelten CO2-Speicherprojekte, Sleipner und Snøhvit, bewertet die Studie als wirksam, da sie die geplanten Abscheidungsraten erreichen konnten. Strenge Vorgaben, nämlich eine CO2-Steuer und eine Klima-Quote, die die Höhe der Emissionen begrenzt, führten zu besonders hohen CO2-Preisen, was den Einsatz der CCS-Technologie wirtschaftlich werden ließ.

Andere CCS-Projekte in der Gasverarbeitung wie etwa In Salah in Algerien erreichen jedoch nicht die angestrebten Abscheidungsraten.

Bekannt wurde die CCS-Technologie vor allem durch die Debatte über einen Einsatz bei Kohlekraftwerken. Den drei untersuchten Kohlekraftwerken mit CO2-Abscheidung und -speicherung bescheinigt die Studie jedoch eine enttäuschende Erfolgsbilanz.

Die angestrebten Abscheidungsquoten werden in der Realität häufig weit unterschritten. Darüber hinaus sind die Kosten für erneuerbare Energien plus Speicher deutlich geringer, sodass diese Anwendung trotz staatlicher Finanzierung nicht wirtschaftlich ist.

CCS vor allem im Erdgas-Sektor

Weltweit werden derzeit etwa 39 Millionen Tonnen CO2 im Jahr aufgefangen. Mehr als zwei Drittel davon werden bei der Aufbereitung und Verarbeitung von Erdgas abgeschieden. Ein weiteres Viertel wird von der Zement-, Düngemittel- oder Stahlindustrie abgefangen sowie sechs Prozent bei der Energieerzeugung.

Von dem abgeschiedenen CO2 werden lediglich 27 Prozent im Boden gespeichert. Der Großteil wird dafür verwendet, noch mehr Erdöl und -gas zu fördern, indem das Kohlendioxid in den Untergrund gepumpt wird. Dort soll es den Druck erhöhen und eine stärkere Förderung ermöglichen. Dadurch wird noch mehr CO2 freigesetzt.

In Industriezweigen, in denen die Emissionen nur schwer zu reduzieren sind, wie in der Zement-, Düngemittel- und Stahlindustrie, könnte CCS jedoch als Zwischenlösung in Betracht kommen.

Allerdings sehen die Studienautor:innen ein großes Risiko, dass sich Regierungen sich zu sehr auf die unausgereifte Technologie verlassen oder CCS als Argument für die Verlängerung der fossilen Energieerzeugung anführen.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kann der Technologie einiges abgewinnen. Bei einem Besuch in Norwegen Mitte August bezeichnete Scholz CCS als "faszinierend". In den letzten Jahren habe es hier "große, beeindruckende technologische Entwicklungen" gegeben, meinte Scholz.

Auch der Weltklimarat IPCC spricht sich in seinem jüngsten Sachstandsbericht für den Einsatz von CCS aus. Das Abscheiden und Speichern von Kohlendioxid spielt in den CO2-Minderungsszenarien eine wichtige Rolle. Dieses Jahrhundert müssten zwischen 30 und 780 Milliarden Tonnen CO2 mittels der Technik eingefangen werden, schätzt der IPCC.

Studienautor Robertson warnt vor einer fatalen Fehlentwicklung. "Viele internationale Organisationen und nationale Regierungen setzen im Bereich der fossilen Brennstoffe auf CO2-Abscheidung, um klimaneutral zu werden. Beim jetzigen Stand der Sache wird das einfach nicht funktionieren."

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